Operation „Einflug“ Teil 2

Der Bericht vom 10.08.1988 fasst nochmal zusammen, dass dieser Mensch im „begründeten Einzelfall“ wieder in die DDR aufgenommen wurde die Staatsbürgerschaft der DDR erlangte. Siehe Teil 1

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Zur besseren Lesbarkeit:

Das Dokument als PDF-Datei:

Die Punkte der Zielstellung der Operation „Einflug“ werden aufgezählt.

  • Vorbeugemaßnahmen im Zusammenhang mit gegnerischen Organisationen und Geheimdiensten.
  • Vorbeugende Sicherung bei der Wiedereingliederung im Arbeits-, Wohn- und Freizeitbereich
  • Überprüfung der Ehrlichkeit
  • Die politisch-ideologische Grundhaltung zur sozialistischen Entwicklung in der DDR und Integration im gesamtgesellschaftlichen Prozess – kurz: Gesinnungsschnüffelei
  • Prüfung der Möglichkeit ob diese Person was machen kann beim Zurückdrängen von Übersiedlungsersuchen von DDR-Bürgerinnen und Bürgern in die BRD.

Nun die Ergebnisse dieser Operation „Einflug“ (Wie im Agentenfilm, in der Wirklichkeit aber mit Alltagsmenschen)

Es wurde festgestellt, dass dieser Mensch nichts mit westlichen Geheimdiensten zu tun hatte und er nicht eingeschleust wurde.

Rückverbindungen in die BRD werden kurz erwähnt. Hier geht es wieder um finanzielle Angelegenheiten, wie bereits in Teil 1 ausgeführt worden ist.

Die Verbindungen dieses Menschen in der DDR waren auch in Ordnung.

Dann geht es um familiäre Zerwürfnisse und irgendwelche Freundinnen, die für das MfS interessant waren und ebenfalls „im begründeten Einzelfall“ wiederaufgenommen wurden.

Nun wird eine Person erwähnt, die mit ihm in Röntgental einsaß und zu der es keine weiteren Verbindungen gab, nachdem sie aus Röntgental entlassen wurde. (Hier muss ich als Zeitzeugin erklären, dass es verboten war Adressen auszutauschen. Man durfte sich nur mit dem Vornamen kennenlernen. P.R.)

Nun kommt ein Lob betreffs des Eingliederungsprozesses, welcher von IM kontrolliert wurde. Es wurde bestätigt, dass dieser Mensch ein braver Bürger war.

Nun folgt ein Abschnitt, wo dieser Mensch nochmals gelobt wird.

Ein Kontaktgespräch vom 27.10.1987 ist hier dokumentiert. Dieser brave Bürger wurde, für seine Mitwirkung beim Rückdrängungsprozess von Ausreiseanträgen seitens Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD ausgezeichnet und er bekam eine Geldprämie.  Dieser brave Bürger versicherte, dass er das Alles aus Überzeugung macht.

Nun, da festgestellt wurde, dass die Integration gelungen ist, wurde die Operation „Einflug“ im November 1987 eingestellt und zur Ablage gebracht. Nun gab es eine Nachkontrolle mit folgenden Zielen:

  • Vorbeugende Verhinderung feindlicher Angriffe, insbesondere durch Wiederherstellung von Rückverbindungen aus der BRD
  • Es wurde nochmals kontrolliert, ob es negativen Umgang gibt, bzw. ob ein solcher entstehen könnte.
  • Weitere Überprüfung der Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit im Einsatz beim Zurückdrängen der Ausreiseanträge von DDR-Bürgerinnen und –Bürgern in die BRD.

Das Ergebnis der Nachkontrolle zeigt, dass es sich keinesfalls um einen braven Bürger handelt. Er will beruflich hoch hinaus und stellte diesbezüglich Forderungen an das MfS.

Mit vielen Worten versucht er das zu begründen und von seiner Person abzulenken. Er droht sein Arbeitsverhältnis zu kündigen. Aber das war doch gleichzeitig sein Einsatzgebiet.

Am 22.03.1988 gab es ein Kontaktgespräch mit der Zielstellung ihn als Interviewpartner für die „Wochenpost“, die „Freiheit“ und die sowjetische Zeitung „Iswestja“ zu gewinnen. Er sollte über seine Erfahrungen im kapitalistischen System der BRD berichten.

Bei Gesprächsbeginn zeigte sich aber, dass er keine eindeutige Position bezog.  Er würde zwar nicht bereuen zurückgekehrt zu sein, lehnte es aber „aus persönlichen Gründen“ ab als Interviewpartner in der „Wochenpost“ und der „Freiheit“ zu erscheinen.

Auf Fragen zu seinen persönlichen Problemen zählte er eine Reihe Forderungen auf, welche er bereits in zurückliegenden Gesprächen gestellt hatte. Außerdem äußerte er, dass es ihm peinlich sei in Veröffentlichungen innerhalb der DDR als ehemaliger Strafgefangener bekannt zu werden. Dies würde seinem Ansehen schaden. Dieser Mensch wurde aufgefordert sich schriftlich dazu zu äußern und es wurde ihm eine objektive Prüfung zugesichert.

Die schriftliche Stellungnahme dieses Menschen vom 23.03.1988 enthielt die gleichen Forderungen, die er bereits zuvor im Betrieb gestellt hatte. Nach der Prüfung dieser von ihm gestellten Forderungen war ein klärendes Gespräch vorgesehen. Es sollte über die Aufrechterhaltung des Kontaktes zum MfS entschieden werden. Die Entscheidung der entsprechenden Stelle lag bei der Verfassung dieses Dokuments noch nicht vor.

Da sich nun herausgestellt hatte, dass dieser Mensch aus egoistischen Motiven Forderungen stellte, die in seinem Arbeitsbereich auf Unverständnis gestoßen sind, wurde eingeschätzt, dass weitere Einsätze dieses Menschen in der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Zurückdrängungsprozesses der Ausreiseanträge von DDR-Bürgerinnen und –Bürgern in die BRD nicht mehr zweckentsprechend waren.


Einschätzung der Zeitzeugin P.R.:

Dieser Mensch hat auf Zeit gespielt und das MfS genarrt.  Hätte er seine Forderungen von Anfang an gestellt, wäre er nicht aufgenommen worden und von Röntgental aus in die BRD zurückgeschickt worden.

Es gab so viele wirklich brave und willige Menschen, die sich nicht so gut ausdrücken konnten. Viele konnten nicht nachweisen, dass sie unverschuldet arbeitslos waren. Sie wurden mit der Begründung, dass sie „asozial“ seien abgelehnt und in die BRD abgeschoben. 

Auswertung des Dokuments:

Petra Reichel

Siehe Operation „Einflug“ Teil 1

Operation „Einflug“ Teil 1

Einleitung:

Die Auswertung dieses Dokuments und das Dokument selbst erinnern an einen Agentenfilm. Der Unterschied zum Film ist, dass es sich in der wahren Geschichte um Alltagsmenschen handelt.

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Das Dokument als PDF-Datei:

Diesen Aufwand hätte man sich sparen können. Der hier vorgestellte Mensch war im „begründeten Einzelfall“ wieder aufgenommen worden. Wie wäre es gewesen, wenn es keine „begründeten Einzelfälle“, sondern es die Regel gewesen wäre Rückkehrwillige und  Einwanderungswillige  als Neu- oder Wieder-Bürgerinnen und –Bürger in der DDR aufzunehmen? Nach der notwendigen Sicherheitsüberprüfung versteht sich. Das hätte auch propagandistisch ausgeschlachtet werden können.

Die Politik hätte reagieren müssen, als immer mehr Bürgerinnen und Bürger der DDR Grund zur Unzufriedenheit hatten. Dies ist nicht geschehen. Man hatte es ausgesessen bis zum Sieg der Konterrevolution.

Das hätte mehr zur Zurückdrängung von Übersiedlungsersuchen in die BRD von Seiten der Bürgerinnen und Bürger der DDR beigetragen, als solche wahren Agentengeschichten.

Auswertung Dokument „Einflug“ vom 14.05.1986

Hier geht es um einen Rückkehrer in die DDR. Dieser saß, wie so Viele, im Aufnahmeheim Röntgental.

Zunächst wird berichtet, dass dieser Mensch eine Vielzahl von Aktivitäten unternahm, um wieder in die DDR zurückkehren zu können. Um die Ernsthaftigkeit dieser Absichten zu überprüfen, hatte das MfS  zwei IMs auf ihn angesetzt.

Das MfS stellte fest, dass dieser Mensch keine Forderungen stellen wird und bereit wäre dahingehend mitzuwirken, dass die Übersiedlungsersuchen von Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD zurückzudrängen.

Es folgte der Vorschlag zur Wiederaufnahme dieses Menschen in die DDR „im begründeten Einzelfall“. Neben entsprechenden Stellen des MfS war der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung in diesen Entscheidungsprozess eingebunden.

Es wurde ein Operativplan erarbeitet und ein IM ein- bzw. angesetzt.

Ein Informationsplan wurde erstellt und dann dem Aufnahmeheim Röntgental überstellt.

Nun wird wieder der „begründete Einzelfall“ erwähnt und nun geht es um die Wiedereingliederungsmaßnahmen am Arbeitsplatz. In diesem Fall ist es zu erklären, dass MfS-Angehörige hier die Arbeitsvermittler waren.

Nun die Bereitschaft dieses Menschen auch in den Medien dafür zu werben, dass die Bürgerinnen und Bürger der DDR davon Abstand nehmen sollen Ausreiseanträge in dien BRD zu stellen.

Es folgen Ausführungen zu:

  • Entlassung aus dem Aufnahmeheim Röntgental

  • Antrag auf Wiederaufnahme in die DDR-Staatsbürgerschaft

  • Unterkunft bei der Verlobten

  • Auto, das mitgebracht wird

  • DM-Betrag, der mitgebracht wird

  • Anmeldung bei Einwohnermeldeamt(Polizei) und dass er den Personalausweis erhält

Rückkehrfeier in der Wohnung von (Name geschwärzt), wozu dieser Mensch einen auf ihn angesetzten IM einlud.

Aus den Infos des IM ging hervor, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Probleme bei der Integration gab, die den Wiedereingliederungsprozess negativ beeinflussten. Einzelne Punkte aus dieser Info:

  • Dieser Mensch schätzte den Aufenthalt in Röntgental als gut ein.
  • Engere Kontakte zu den Mitinsassinnen und Mitinsassen wurden nicht geknüpft
  • Dieser Mensch war der Überzeugung, dass die Rückkehr in die DDR die richtige Entscheidung war und er wollte seine persönliche Entwicklung darauf ausrichten.
  • Im Aufnahmeheim wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass er den Umgang mit dem IM meiden sollte, was für ihn nicht in Betracht kam.
  • Dieser Mensch hatte betreffs seiner Wiedereingliederung am Arbeitsplatz eine positive Erwartungshaltung.
  • Nun geht es um das DM-Konto bei der Staatsbank der DDR. Er würde noch Geldbezüge aus der BRD erwarten. (Name geschwärzt) soll von seinem Geld in DM nichts wissen.  Dieser Mensch hatte vor 150,-DM beim IM schwarz zu tauschen.
  • Normalerweise wurde Schwarztausch in der DDR streng verfolgt und hatte Konsequenzen. Hier anscheinend nicht.

Am 06.05.1986 wurde dieser Mensch in dem Kombinat eingestellt, wo er dann arbeitete. Er fing direkt am 07.05.1986 an. Die Einstellung erfolgte über einen IM, genauer einem FIM.(IM die andere IM führten)

Im persönlichen Gespräch mit dem FIM erklärte dieser Mensch :

  • Seine Dankbarkeit wieder in die DDR zurückkehren zu dürfen und dass er sich für den Rückdrängungsprozess der Ausreiseanträge in BRD seitens derer, die in diesem Kombinat arbeiten einsetzt.
  • Er stellte weiterhin keine Forderungen
  • Er informierte detailliert über seine Wohnungstauschabsichten

Durch den Einsatz des FIM wurde das Arbeitskollektiv(Arbeitskollegen, Team, Arbeitsgruppe) auf die Wiedereingliederung vorbereitet. Es gab dabei keine Probleme.

Der FIM war von der Hauptabteilung Kader dieses Kombinats, also von der Personalabteilung. Da dieser diesen hier vorgestellten Menschen einstellte, war er der Personalchef. In der DDR nannte man diese Funktion Kaderleiter.  Folglich bestand da ein offizieller Kontakt.

Bei den Wechselbeziehungen Kollegenkreis und Personalchef ergab sich eine inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS.

Am 08.05.1986 nahm dieser Mensch zum Kontakt zu dem IM auf, um, wie vorgesehen, das Geld zu tauschen. Ahhh, hier hatte dieser Geldtausch einen Zweck. Dieser IM gab die Info weiter, dass der Wiedereingliederungsprozess am Arbeitsplatz problemlos verlief.

Der IM gab als weitere Info weiter, dass dieser Mensch an einer festen Verbindung mit ihm interessiert war.

Als Ergebnis dieses ganzen Procedere, das irgendwie an einen Agentenfilm erinnert, wurde eingeschätzt, dass die Operation „Einflug“  wohl gelungen war, denn der Wiedereingliederungsprozess verlief ohne Probleme.

Die Operation „Einflug“ wurde weitergeführt, je nach Notwendigkeit und Aktualisierung.

Wie die „Operation Einflug“ weiterging, siehe Teil 2

Auswertung des Dokuments:

Petra Reichel 

Kurzauswertung: Schreiben von Erich Mielke vom08.03.1985 zum Thema Röntgental

Folie 1

Kurzauswertung:
Schreiben von Erich Mielke  vom 08.03. 1985
zum Thema Röntgental

  • Vermehrte Rückkehrabsichten von ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern der DDR im Jahre 1985
 
  • Dilettantische Medien Kampagne  der DDR
 
  • Erich Mielke erläutert die Aufnahmebedingungen von Einwanderungs- und rückkehrwilligen Bürgern und Bürgerinnen der BRD und Westberlins in die DDR
Folie 2
  • Vermehrte Rückkehrabsichten nunmehriger Bürgerinnen und Bürger der BRD und Westberlins in die DDR im Jahre 1985
 
  • Medienkampagne der DDR durch Veröffentlichung von Namen und Wohnorten der nunmehrigen Bürgerinnen und Bürgern der BRD und Westberlins, die in die DDR zurückkehren möchten
 
  • Medienkampagne war dilettantisch, da nicht ordentlich recherchiert
  • Ein Fall aus Bad Kreuznach zeigt, dass sich Leute aus Heimweh z.B.  bei der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn meldeten, aber keine ernsthafte Rückkehrabsicht hatten
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Die Veröffentlichung der Listen beinhaltete nicht:

  • Gestattung der Rückkehr der Betroffenen
  • Nur Auserwählte wurden aufgenommen
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Also im Klartext:

Keine Chance

  • Sehr ungeschickt seitens der DDR

 

  • Hätte man die Propaganda nicht in anderer Richtung betreiben sollen?
 
  • Erst während der Konterrevolution versuchte es Erich Honecker verzweifelt mit  dem Spruch: „Man sollte ihnen keine Träne nachweinen.“ Da war es bereits zu spät.

 

  • Man hätte verbreiten müssen:
    • Dass man diese Leute nicht mehr braucht
    • Dass nur auserwählte Einwanderungswillige aufgenommen werden (So wie es  die klassischen Einwanderungsländer praktizieren)
Folie 5

Widersinn

  • Es wurden nur Auserwählte aufgenommen
 
  • Ausreiseanträge seitens Bürgerinnen und Bürger der DDR in die BRD und nach Westberlin sollten  zurückgedrängt werden
Folie 6

Überwachungsmaßnahmen von den Aufgenommenen sehr aufwändig und personalintensiv

 

Es drängt sich der Gedanke auf, dass das MfS nicht genug Personal und Kapazitäten hatte, um eine Masse von Eingewanderten und Zurückgekehrten zu überwachen.

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  • Einerseits Kampagne mit Veröffentlichung der Listen von Rückkehrwilligen
  • Andererseits wurde befürchtet, dass Rückkehrwillige diese Kampagne ausnutzen, um den Staat(DDR) zu erpressen um ihre Rückkehrabsicht durchzusetzen
 
Folie 8

Sicherheitsmaßnahmen waren notwendig

  • Der Gegner konnte die Kampagne für seine Zwecke ausnutzen

Folie 9

Neu-Bürger/innen waren nicht in Massen erwünscht

  • Ausländerstopp um Fremdenfeindlichkeit zu vermeiden(Was ist das für eine Logik?)

  • Nur Ausnahmefälle hatten die Chance in der DDR ansässig zu werden

  • Es mussten untadelige Personen sein

 
Folie 10

Aufgenommene Neubürger/innen mussten eingegliedert werden

Herausforderung:

    • Versorgung mit Wohnraum
    • Vermittlung und Integration in Arbeit
    • Integration in der Freizeit
    • Integration im Wohnumfeld

 

  • Außerdem musste hinter jeder aufgenommen Person mehrere Überwacher stehen
  • Entsprechende Behörden waren mit Rückkehr- und Einwanderungswilligen überfordert
Folie 11

Kriterien Aufnahme und Ablehnung

Ausschnitt aus dem Schreiben von Erich Mielke vom 08.03.1985

 

Folie 12
  • Diese Vorgaben waren großzügig interpretiert worden
  • Arbeitslose waren grundsätzlich asozial 
  • Die Eigenschaft „Labilität“ wurde willkürlich den Betroffenen angehängt
  • Bereits kleinste Verfehlungen konnte Betroffene zu Kriminellen abstempeln
 
 
Folie 13

Endergebnis:

  • Leben wie in einer Käseglocke

  • Niemand raus und niemand rein

  • Das „frische Blut“ fehlte

Folie 14

Fazit

 
  • Die DDR, bzw. die sie vertretenden Personen und Institutionen waren überfordert

  • Sicherheitsmaßnahmen waren notwendig, hatten aber aufgrund der Überforderung einen Bumerang-Effekt

  • „kleine“ Einwanderungs- und Rückkehrwillige blieben „auf der Strecke“


Um die Texte auf den jeweiligen Folien besser lesbar zu machen, befinden sich diese als reiner Text nochmal unter der jeweiligen Folie. Interessierte haben somit die Möglichkeit den automatischen Übersetzer zu benutzen.

Power Point-Vortrag nochmal als PDF-Datei zum Download:

Schreiben von Erich Mielke vom 08.03.1985 zum Thema Röntgental

Im Jahre 1985 gab es vermehrt Rückkehrabsichten von ehemaligen Bürgerinnen und –Bürgern der DDR, die nun in der BRD und Westberlin lebten und folglich Bürgerinnen und Bürger Westberlins, bzw. der BRD geworden waren.

Es gab damals eine große Medienkampagne in der DDR. Namen und die Wohnorte in der BRD, bzw. Westberlin wurden in DDR-Zeitungen veröffentlicht. Diese Aktion sollte zeigen, dass die ehemaligen Bürgerinnen und Bürger der DDR im Westen nicht angetroffen hatten, was sie sich erhofften. Dies war eine dilettantische Aktion. Es wurde nicht mal genau recherchiert.

Es gab da einen Fall aus Bad Kreuznach. Es hatte sich herausgestellt, dass dieser Mensch kein Interesse an einer Rückkehr in die DDR hatte. Nur aus einem Anflug von Heimweh meldete er sich bei der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn. Doch bald war sein Ansinnen nicht mehr aktuell. Aber sein Name und der damals aktuelle Wohnort Bad Kreuznach standen auf der veröffentlichten Liste. So hat es vermutlich mehrere solcher Fälle geben. Mit dieser Aktion machte sich die DDR unglaubwürdig und die westliche Propaganda hatte wieder ein „gefundenes Fressen“.

Diese dilettantische Aktion der Veröffentlichung dieser Listen beinhaltete nicht die Rückkehr von ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern der DDR zu gestatten.

„Damit wird erneut die prinzipielle Gültigkeit der Sprecher-Erklärung des MfAA(Außenministerium der DDR, P.R.) vom 05. April 1984 unterstrichen, wonach den Bitten um Gestattung der Rückkehr in die DDR – so verständlich sie auch sind – grundsätzlich nicht entsprochen wird. Die Aufnahme und Wiedereingliederung ausgewählter Personen erfolgten nur in begründeten Einzelfällen.“

Also im Klartext – keine Chance. Damit wird der Widerspruch zwischen Propaganda und Wirklichkeit deutlich. Sehr ungeschickt seitens der DDR. Hätte man da die Propaganda nicht in anderer Richtung betreiben sollen?  Erst während der Konterrevolution versuchte es Erich Honecker verzweifelt mit dem Spruch: „Man sollte ihnen keine Träne nachweinen.“ Doch da war es bereits viel zu spät. Man hätte verbreiten müssen, dass man diese Leute nicht mehr braucht, dass nur auserwählte Einwanderungswillige aufgenommen werden, wie es z.B. damals wie heute die klassischen Einwanderungsländer praktizieren.

Dann ist wieder von der Mitwirkung bei der Zurückdrängung der Ausreiseanträge von Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD, bzw. Westberlin die Rede, wo die ausgewählten Menschen, die aufgenommen wurden, mitwirken sollten. Das Versäumnis der Politik, die das Ganze nur ausgesessen hatte, bis die Konterrevolution siegte, anstatt etwas gegen die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger der DDR zu tun, wird hier ausgeklammert. Bei der Operation „Einflug“ zeigt sich, dass ein immenser Aufwand betrieben wurde, der letztendlich nichts brachte. 

Da drängt sich der Gedanke auf, dass das MfS gar nicht genug Leute hatte um die Neu-Bürgerinnen und –Bürger zu überwachen und diesen Aufwand zu betreiben, falls man mehrheitlich die Rückkehr- und Einwanderungswilligen in die DDR aufgenommen hätte.

Nun folgt ein totaler Widersinn. Einerseits diese Kampagne, andererseits wurde befürchtet, dass Einwanderungs-bzw. Rückkehrwillige diese nutzen, um den Staat(DDR) zu erpressen um ihre Übersiedlung in die DDR durchzusetzen.

Was angebracht und notwendig war, waren Sicherheitsinteressen und entsprechende Maßnahmen. Schließlich konnte der Gegner diese Kampagne auch für seine Zwecke nutzen.

Mit vielen Worten wird erklärt, dass Neu-Bürger/innen und –Bürger nicht in Massen erwünscht waren.  Unter der Umschreibung „Reaktion der Bevölkerung“ kann sich die Befürchtung von Fremdenfeindlichkeit verbergen. Ausländerstopp um Ausländerfeindlichkeit zu vermeiden. Was für eine Logik. 

Entsprechendes Material wurde den zuständigen Institutionen zur Verfügung gestellt.

Nun kommt man auf die Ausnahmefälle zu sprechen, die das Glück hatten in der DDR aufgenommen zu werden.

Dann werden die Punkte aufgezählt, die bei den Einwanderungs- bzw. Rückkehrwilligen überprüft werden sollen.

  • das Persönlichkeitsbild und das Gesamtverhalten vor der Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR
  • die Reaktion und Haltung im beruflichen und familiären Umgangskreis auf die Aktivitäten zur Erreichung der Übersiedlung, die erfolgte Übersiedlung sowie das Verhalten danach
  • den Werdegang nach der Übersiedlung und die Nutzung der Rückverbindungen in die DDR
  • die aktuelle Situation und Verhaltensweisen
  • Motive, Gründe und Ernsthaftigkeit der Rückkehrabsichten

Nun ja, dass aus Sicherheitsgründen eine Überwachung erforderlich war, ist nachvollziehbar. Aber wenn es die kleinste Unstimmigkeit oder Verfehlung gab, was dann?

Nun geht es darum in welchem Zusammenhang die Informationen über die jeweiligen Betroffenen zu sehen sind.

So geht es um Versorgung mit Wohnraum und der Eingliederung in den Arbeitsprozess, die eventuell nicht den Erwartungen der Einwanderungs- und Rückkehrwilligen entsprachen. In der DDR war niemand obdachlos und Wohnungen waren billig, doch es herrschte Wohnungsmangel. Vielleicht befürchtete man Probleme und Unmut in der Bevölkerung, wenn viele Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären. In beruflicher Hinsicht wollten viele zu hoch hinaus und hatten unrealistische Erwartungen.

Dann ist wieder von der eventuellen Reaktion des Umfeldes, bzw. der Bevölkerung die Rede. Wieder die Umschreibung für die befürchtete Fremdenfeindlichkeit.  Im Klartext:  Ausländerfeindlichkeit mit Ausländerstopp bekämpfen. Was für eine Logik.

Dann folgen die Zwei wichtigsten Punkte. Wann Aufnahme? Wann Ablehnung?

Bei Punkt 1 geht es um die Aufnahmechancen aus humanitären Gründen, bzw. familiären Gründen.

Bei Punkt 2 ist das A und O, um das sich Alles drehte. Die Ablehnungsgründe.

Hatte Erich Mielke dieses Schreiben tatsächlich selbst verfasst oder nur unterschrieben? Als alter Kämpfer musste er doch die Unwegsamkeiten des Lebens und Arbeitslosigkeit kennen.  Es besteht viel Interpretationsspielraum für die nachgeordneten und ausführenden Institutionen, sowie für die Entscheidungsträger.

  • Wer war kriminell Leute, die eine Gefahr für die Gesellschaft sind? Organisierte Kriminelle? Oder schlicht, wer mal aus Dummheit eine Verfehlung begangen hat, wie z.B. Ladendiebstahl, eine Schlägerei oder in schlechte Kreise Geratene? Da sich letztere am wenigsten artikulieren und wehren konnten, hatten sie von vornherein keine Chance.
  • Wer waren Arbeitsscheue und Asoziale? Ein Ablehnungsgrund, von dem reichlicher Gebrauch gemacht wurde.  Aus DDR-Sicht waren es tatsächlich unwillige Menschen, bei denen „Hopfen und Malz verloren“ war. Sie machten nur Ärger. Aber in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung kann man diese Leute nicht von den unverschuldet arbeitslos gewordenen unterscheiden. Insbesondere, wenn die Betroffenen in der Probezeit, bzw. dem 1. Halben Jahr, bevor das Kündigungsschutzgesetz der BRD, bzw. Westberlins gegriffen hat, ihren Arbeitsplatz verloren haben. Sie konnten nicht nachweisen, dass sie unverschuldet arbeitslos geworden sind. So wurden sie in Röntgental als „asozial“ und „arbeitsscheu“ gebrandmarkt. Sie hatten keine Chance in die DDR aufgenommen zu werden.
  • Was waren labile Personen? Psychisch nicht Belastbare? Menschen die durch die Bedingungen und die schwarze Psychologie des Aufnahmeheims psychisch krank wurden, hatten keinerlei Chance in die DDR aufgenommen zu werden. Gelegentlich wurde mit der Gabe von Psychopharmaka manipuliert. Dies wurde nicht aktenkundig gemacht. Wer kann das nachweisen? Niemand. Und die Betroffenen wurden ohnehin als „plem plem“ hingestellt und ihnen ihre Glaubwürdigkeit genommen.

Das Personal in Röntgental und anderer Institutionen, die mit den Einwanderungs- und Rückkehrwilligen aus der BRD und Westberlin zu tun hatten, war überfordert und nicht geschult, was z.B. die Arbeitswelt in der BRD und Westberlin betraf. Die falsche Psychologie tat ihr übriges. Es bestand die Gefahr, dass die Zurückgewiesenen sich nach ihrer Abschiebung bei den falschen Leuten ausheulten. So konnten sie in die Hände des Gegners geraten, bzw. dieser konnte die Verzweiflung dieser Leute für sich ausnutzen.  Ein Bumerang-Effekt sozusagen. Bei allen Sicherheitsmaßnahmen hatte man diesen Aspekt wohl nicht bedacht.

Provokateure sind die einzige in diesem Abschnitt genannte Personengruppe, bei der es von vornherein gerechtfertigt war diese abzulehnen.

Dann werden nochmals Punkte aufgezählt, was dann mit denen geschehen soll, die das Glück hatten aufgenommen zu werden, bzw. wie die Überwachung aussehen soll. Wie bereits erwähnt, war das aufwändig und personalintensiv. Womöglich hatte das MfS nicht genug Kapazitäten, um diese Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, falls mehr Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären.

Dann wieder der Widersinn, dass die Aufgenommen mitwirken sollten, dass Bürgerinnen und Bürger der DDR davon Abstand nehmen sollen einen Ausreiseantrag in die BRD, bzw. Westberlin zustellen. Andererseits wieder sollen Übersiedlungsabsichten von Bürgerinnen und Bürgern der BRD und Westberlins zurückgedrängt werden. Ein Leben unter der Käseglocke, niemand raus und niemand rein. Auch wenn es aus Sicherheitsgründen notwendig war, das konnte es auf die Dauer nicht gut gehen. Es fehlte das „frische Blut“. Wenn mehr Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären, hätte es 1989 wohl etwas anders ausgesehen.

Der Punkt, dass Überwachungsmaßnahmen in die Richtung gingen, dass sich keine feindlichen Agenten u. andere für den Gegner Tätige einschlichen, war berechtigt. Doch wer es gewollt hatte, hätte sich einschleichen können. Man kann sich vorstellen, dass der Gegner diese Leute geschult und psychologisch gestählt hätte, um gut zu reden, damit sie die Verhörtricks umgehen und die „Psychomühle“ erfolgreich bewältigen konnten. So wären sie aufgenommen worden und hätten ihr Unwesen treiben können. Die Überwachung hätten sie auch austricksen können, soweit es sich um Profis gehandelt hätte. Das MfS war so sehr mit den Profis beschäftigt, dass keine Zeit für die „Normalbürgerinnen“ und „Normalbürger“ war. Das hatte man bei all den Sicherheitsmaßnahmen wohl nicht bedacht.

Am Schluss nochmal Bemerkungen zur Abstimmung der örtlichen Institutionen mit dem MfS.

Fazit: Die „kleinen“ Einwanderungs- und Rückkehrwilligen blieben „auf der Strecke“.

Siehe auch die Kurzauswertung dieses Schreibens als Power Point-Vortrag.

Schreiben von Erich Mielke als PDF-Datei zum Download