Vergleich: Geplante Ankerzentren – Aufnahmeheim Röntgental

Horst Seehofer, von 2018 bis 2021 Bundesinnenminister, hatte die Idee und den Plan Ankerzentren für neu angekommene Asylbewerber einzurichten. Dieser Plan ist nur teilweise umgesetzt worden. Siehe Wikipedia.

Hier der Vergleich zwischen den geplanten Ankerzentren und dem Aufnahmeheim Röntgental, wo seinerzeit Menschen aus der BRD und Westberlin untergebracht wurden, die in die DDR übersiedeln wollten.

Folie 1
Geplante Ankerzentren

Schon bald will das Bundesinnenministerium (BMI) einen Plan für die Errichtung der sogenannten AnkER (Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungs) -Zentren vorlegen. Deutlich wird: Den Fokus legt die Regierung vor allem auf das Wort Rückführung.


In den neuen Ankerzentren sollen nach dem Willen des Innenministers zunächst alle ankommenden Schutzsuchenden untergebracht werden. Dieses Vorhaben wird gleich mehrere schwerwiegende Folgen haben: Die Isolation in solchen Zentren behindert die Integration derjenigen, die in Deutschland bleiben werden.

Flüchtlingen fehlt der Zugang zu Beratungsstrukturen oder Rechtsbeistand – viele von ihnen werden in der Praxis sowohl im Asylverfahren als auch bei drohender Abschiebung ohne Hilfestellung dastehen. Und Großunterkünfte für Flüchtlinge sind stigmatisierende Zeichen der Ausgrenzung, sie werden häufig zum Kristallisationspunkt von Hasskampagnen.


Aufnahmeheim Röntgental

Das Aufnahmeheim Röntgental wurde seinem Namen nicht gerecht. Der Fokus lag auf Rückführung, nicht auf Aufnahme.

Im Aufnahmeheim Röntgental wurden Menschen aus der BRD und Westberlin untergebracht, die in die DDR übersiedeln wollten. Während der Dauer des Aufenthalts in Röntgental wurden die Einwanderungswilligen isoliert. Die Bevölkerung der DDR bekam davon gar nichts mit. Die Integration war zunächst nicht vorgesehen, da die Mehrheit ohnehin nicht in der DDR bleiben konnte. Da das Ganze vor Bevölkerung der DDR verborgen wurde, konnte folglich keine Hasskampagne entstehen. Es gab keine Rechtsmittel und keinen Rechtsbeistand. Es fehlte die Beratung. Auch im Vorfeld(noch in der BRD und Westberlin)gab es keine Beratung. Andererseits wurde fehlende Vorbereitung, aufgrund von Nichtwissen, den Übersiedlungswilligen vorgeworfen.


Folie 2

Eine dauerhafte Isolierung in Massenunterkünften abseits von großen Orten ist für die Betroffenen katastrophal. Wem über lange Zeit hinweg Jahre der Zugang zu Schule, Arbeit, neuen Nachbarn und Ehrenamtlichen versperrt wird, der lernt nur schwer die deutsche Sprache, knüpft keine dringend benötigten Kontakte, um richtig in Deutschland anzukommen.


Bei angenommener „positiver Bleibeperspektive“ sollen Flüchtlinge auch weiterhin auf Kommunen verteilt werden. Das suggeriert, dass in den Ankerzentren nur diejenigen bleiben, die Deutschland wieder verlassen werden. Zunächst ist unklar, wann die genannte Verteilung genau erfolgen soll. Nicht einmal Innenminister Seehofer selbst kann das konkretisieren. „Wenn Klarheit über ihren Status besteht“ kann auch heißen: Nach Abschluss des Asylverfahrens. Dann aber sind schon viele Monate für die Integration verloren gegangen.

Sprache war im Aufnahmeheim Röntgental kein Thema. Isolation von der übrigen (Bevölkerung) der DDR war aus Sicherheitsgründen die Hauptmaßnahme. Es gab Bildungsangebote in Form von Büchern und Vorträgen. Doch wenn Kinder dabei waren, fehlte ihnen die Schule. Neue Nachbarn und Ehrenamtliche kennenzulernen war im Aufnahmeheim Röntgental von vornherein ausgeschlossen. (Sicherheitsgründe)Die Einwanderungswilligen wussten ohnehin nicht, wo sie bei Aufnahme in der DDR angesiedelt wurden, außer sie wollten zu Zielpersonen (z.B. Verwandte).


Wer in der DDR bleiben durfte, wurde irgendwohin verteilt oder kam zu den Zielpersonen (z.B. Verwandte). Die Verfahren im Aufnahmeheim Röntgental dauerten nicht so lange, wie die Asylverfahren heute. In Röntgental saßen ohnehin keine Asylbewerber/innen, sondern Übersiedlungswillige.

Folie 3

Weiterhin berücksichtigt das Konzept der Bleibeperspektive nicht die Fluchtgründe Einzelner. Es nimmt pauschal an, dass alle Menschen aus Ländern mit einer Gesamtschutzquote (unbereinigt!) von unter 50 Prozent keine positive Bleibeperspektive hätten. Das Beispiel Afghanistan zeigt, wie absurd diese Annahme ist: Rund 47 Prozent der Afghan*innen erhalten Schutz in Deutschland (bereinigte Schutzquote). Viele, deren Antrag abgelehnt wurde, klagen vor Gericht dagegen – und erhielten 2017 in über 60 Prozent der Fälle Recht. Abgeschoben werden zudem aktuell keine Frauen und Kinder, ohnehin beschränkt die Bundesregierung Abschiebungen auf vermeintliche Straftäter, Gefährder und sogenannte Identitätsverweigerer.


Obwohl also die große Mehrheit der Afghan*innen auf absehbare Zeit in Deutschland bleibt, haben sie angeblich keine „positive Bleibeperspektive“ und werden für Monate oder – da oftmals erst die Gerichte abschließend entscheiden – gar Jahre in Massenunterkünften kaserniert. Und das gilt nicht nur für Flüchtlinge aus Afghanistan, aus den verschiedensten Gründen bleiben viele Menschen auch aus Ländern mit einer durchschnittlichen Anerkennungsquote von unter 50 Prozent dauerhaft in Deutschland.

Das Konzept des Aufnahmeheims Röntgental ging davon aus, dass die meisten Übersiedlungswilligen wieder in die BRD, bzw. Westberlin abgeschoben werden. Mögen Sicherheitsgründe Grundlage dieses Konzepts gewesen sein, so wurde das durch die Praxis ad absurdum geführt. Man trieb die Abgeschobenen nach ihren Enttäuschungen im Aufnahmeheim Röntgental in die Arme von westlichen Geheimdiensten und anderen gegnerischen Institutionen. Es gab für diejenigen, die im Aufnahmeheim Röntgental saßen keine Klage Möglichkeit, bzw. keine Rechtsmittel. Vermeintliche und echte Straftäter wurden gleich abgeschoben. Dabei spielte ein Straftatbestand der DDR, welcher in der BRD und Westberlin nicht existent war, eine wichtige Rolle. Das war „asoziales Verhalten“. Darunter fielen alle, die keinen Nachweis erbringen konnten, dass sie unverschuldet arbeitslos geworden sind. Gefährder hatten von vornherein keine Chance.


Bei den Menschen aus der BRD und Westberlin traf das nicht zu. Es gab schließlich keine langen Gerichtsverfahren, da es keine Klagemöglichkeit gab.

Folie 4

In den geplanten Ankerzentren unterliegen sie dennoch verschiedensten Restriktionen, wie einem Arbeitsverbot. Und selbst schulpflichtige Kinder erhielten bislang beispielsweise im Transitzentrum Manching nur rudimentären „Ersatzunterricht“. Mit Unterstützung von PRO ASYL haben Betroffene nun dagegen geklagt, das Verwaltungsgericht in München erklärte die Praxis für rechtswidrig. Erst dadurch konnte die Regierung von Oberbayern dazu gebracht werden, Flüchtlingskindern den Besuch von Regelschulen zu ermöglichen.


Ohnehin schadet ein dauerhafter Verbleib in Großunterkünften dem Kindeswohl massiv. Die UNICEF-Studie „Kindheit im Wartezustand“ beschreibt, wie sich mangelnde Privatsphäre und beengte Unterbringung auswirken und bekräftigt: „Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sollten grundsätzlich so kurz wie möglich in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sein.“


Keine Möglichkeit zur Selbstverpflegung, keine Ruhe, keine Sicherheit in den eigenen vier Wänden, keine eigene Toilette – gerade für Familien mit kleinen Kindern ist dieser Zustand nicht auszuhalten.


Außerhalb des Aufnahmeheims Röntgental konnte man natürlich nicht arbeiten. Innerhalb des Heims gab es Arbeitsmöglichkeiten auf freiwilliger Basis. Schulpflichtige Kinder konnten keine Regelschule besuchen. Ihnen wurden Schulbücher zur Verfügung gestellt um gemeinsam mit den Eltern sich mit dem Schulstoff zu beschäftigen. Auch hier wieder keine Klagemöglichkeit, um den Schulbesuch an einer Regelschule durchzusetzen. Wäre auch schlimm für die Kinder gewesen, wenn sie in der DDR neu eingeschult worden wären und man sie nach kurzer Zeit mit ihren Eltern wieder abgeschoben hätte.


Der Aufenthalt im Aufnahmeheim Röntgental muss für größere Kinder traumatisierend gewesen sein. Insbesondere, wenn sie mit ihren Eltern wieder in die BRD, bzw. Westberlin abgeschoben wurden. Kleineren Kindern war der Aufenthalt in Röntgental nicht bewusst. Für Familien gab es Familienzimmer in der Unterkunft, so dass für sie doch eine gewisse Privatsphäre vorhanden war.


Wie soll in einer Massenunterkunft Selbstverpflegung organisiert werden? Teeküchen waren vorhanden. In Ferienunterkünften, wie z.B. bei Camping, gibt es auch keine eigenen Toiletten.  Ruhe und Sicherheit war gegeben. Das gehörte zum Konzept des Aufnahmeheims Röntgental.


Folie 5

Unter diesen Umständen leiden aber selbstredend nicht nur Kinder, sondern alle Geflüchteten. Häufig wird berichtet, wie die Psyche leidet, wenn es kaum Rückzugsräume gibt. In vielen Massenunterkünften können Türen beispielsweise nicht abgeschlossen werden, sanitäre Anlagen werden von vielen Personen gemeinsam genutzt und es sind keine oder nicht ausreichend Kochgelegenheiten vorhanden.


Dieses dauerhafte, beengte Zusammenleben vieler Menschen mit unterschiedlichen Gewohnheiten und Interessen führt auch zu, im wahrsten Sinne des Wortes, hausgemachten Konflikten. Und das in einer Situation, in der die Menschen ohnehin mit ihren Fluchterfahrungen, der unklaren Lebensperspektive und oftmals auch großen Sorgen um die Angehörigen in Krisengebieten schwer belastet sind.


Die Psyche hat bei vielen Insassinnen und Insassen des Aufnahmeheims Röntgental gelitten. Auswirkungen davon wurden den Betroffenen zur Last gelegt und waren Abschiebungsgründe. Dass die Türen von Toiletten und Duschen, sowie Zimmern nicht abgeschlossen werden konnten, hatte seinen Sinn. Eine verschlossene Tür durfte kein Hindernis in einem Notfall sein. Die Reinigung der Gemeinschaftsanlagen (z.B. sanitäre Anlagen) musste täglich, auch am Wochenende von den Insassinnen und Insassen des Aufnahmeheims Röntgental erledigt werden.  Zu den Reinigungsarbeiten wurde man morgens eingeteilt. Dazu sind sich ja die Herren in den heutigen Flüchtlingsunterkünften zu fein dazu. Im Aufnahmeheim Röntgental wäre die Verweigerung der Reinigungsarbeiten ein Abschiebegrund gewesen. Siehe oben: Die Organisation der Selbstverpflegung im Aufnahmeheim Röntgental war nicht möglich. Teeküchen waren vorhanden.


Es kam zwar niemand aus einem fremden Kulturkreis, doch war das Zusammenleben mit so vielen Menschen belastend. Die unklare Lebensperspektive drückte auf die Psyche, wobei psychische Krankheiten entstehen konnten. Das wurde als Unwilligkeit und Asozialität ausgelegt und war ein Abschiebegrund. Das diente nicht der Sicherheit der DDR. Diese Menschen waren leichte Beute für gegnerische Geheimdienste und andere gegnerische Institutionen.


Folie 6

In solchen Großunterkünften leiden die Betroffenen mit zunehmender Dauer außerdem unter Perspektivlosigkeit. Auch das ist offenbar von der Bundesregierung durchaus gewollt – damit werden Flüchtlinge zermürbt und verzichten möglicherweise auf weitere Rechtsmittel. Verstärkt wird dies durch zwei weitere Punkte:

Die staatliche Rückkehrberatung berät nicht ergebnisoffen. Ihr Ziel ist es, Asylbewerber*innen zur Rücknahme ihres Antrages oder zum Verzicht auf eine Klage zu bewegen.

Schon in den letzten Monaten verstärkte die Bundesregierung ihre Bestrebungen, Flüchtlinge zur „freiwilligen“ Ausreise zu bewegen. Laut Entwicklungsminister Müller sollen nun weitere Programme folgen, die u.a. auch auf die Rückkehr von Menschen in die Krisenländer Irak und Afghanistan abzielen. Die sogenannte „Rückkehrberatung“ findet jetzt schon teilweise vor der Einleitung eines Asylverfahrens statt. Die staatliche Rückkehrberatung berät jedoch nicht ergebnisoffen. Ihr Ziel ist es, Asylbewerber*innen zur Rücknahme ihres Antrages oder zum Verzicht auf eine Klage zu bewegen.

Die „freiwillige“ Rückkehr war im Aufnahmeheim Röntgental zu jederzeit möglich und erwünscht. Darum galten die Insassinnen und Insassen des Aufnahmeheims Röntgental juristisch nicht als Gefangene.

Folie 7

In den geplanten Ankerzentren wird Flüchtlingen nun zudem oft die Möglichkeit fehlen, unabhängige Beratungsstrukturen aufzusuchen und sich Rechtsbeistand zu beschaffen. Ohne effektiven Zugang zu Anwältinnen und Anwälten, ohne Begleitung bei Anhörungen, ohne unabhängige Beratung nach Erhalt der – häufig mangelhaften – Asylbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) droht die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes de facto ausgehebelt zu werden.

„Schutzsuchende in Massenlagern zu internieren und noch vor einer Prüfung ihrer Schutzberechtigung massiv zur Rückkehr in Verfolgerstaaten zu drängen, untergräbt den Gedanken eines fairen Asylverfahrens“

Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL

Wie oben bereits gesagt, gab es für die Übersiedlungswilligen keine Beratungsmöglichkeiten und keine Rechtsmittel. Die Insassinnen und Insassen des Aufnahmeheims Röntgental befanden sich faktisch im rechtsfreien Raum. Mag dies mit dem Kalten Krieg und den Sicherheitserfordernissen zusammenhängen, so waren doch die einzelnen Übersiedlungswilligen die Leidtragenden.

Der Vergleich mit politischer Verfolgung war nach der Adenauer-Zeit nicht mehr zutreffend. Doch ob im Aufnahmeheim Röntgental ein faires Verfahren stattfand, sei dahingestellt.

Folie 8

Die dauerhafte Unterbringung in solchen, mit Stacheldraht gesicherten, Massenunterkünften führt zu einer Stigmatisierung der Menschen, die in ihnen leben. Sie werden vom Kontakt zur hier lebenden Bevölkerung quasi ausgeschlossen. Es entstehen Berührungsängste und es wird ein überaus problematisches Signal an die Bevölkerung gesendet: Flüchtlinge als gesellschaftlich Nichtzugehörige und als Sicherheitsproblem. Ein Nährboden für Konflikte, der Rechtspopulisten und Rassisten stetig neue Nahrung geben wird. Die ohnehin besorgniserregenden Vorbehalte eines Teils der Bevölkerung werden dadurch verstärkt, eine flüchtlingsfeindliche Haltung bestätigt.


Über die Hälfte der Menschen erhält einen Schutzstatus in Deutschland. Wenn sie die ersten Monate oder gar Jahre in Deutschland in einer Massenunterkunft ohne Integrationsmöglichkeiten verbringen, ist das kein guter Start für alle Beteiligten.

Das Aufnahmeheim Röntgental war derart isoliert, dass die Bevölkerung nichts mitbekam. Eine Stigmatisierung und Berührungsängste waren ausgeschlossen. Die Übersiedlungswilligen aus der BRD und Westberlin waren tatsächlich ein Sicherheitsproblem. Das falsche Konzept des Aufnahmeheims führte aber zur Sicherheitsunlogik. Der Bevölkerung der DDR war nicht bekannt, dass es viele Menschen aus der BRD und Westberlin gab, die in der DDR leben wollten.


So lange hat die Unterbringung im Aufnahmeheim Röntgental nicht gedauert. Die Verfahren waren von kürzerer Dauer. Wie die Integration vonstatten ging ist mir(P.R., der Zeitzeugin des Aufnahmeheims Röntgental)nicht bekannt.

Folie 9

Wie Flüchtlingsaufnahme anders geht, sieht man beispielsweise im brandenburgischen Frankfurt an der Oder. Dort erhalten Flüchtlinge eigene Wohnungen und es gibt umfassende Integrationsprogramme. Im Vergleich zu Cottbus, ebenfalls in Brandenburg gelegen und mit prozentual gesehen ebenso vielen zugewiesenen Flüchtlingen, kommt es hier zu weit weniger Problemen. Viele, die auf eine solche dezentrale Unterbringung setzen, sind in dieser Hinsicht bisher gut damit gefahren.


Die Pläne des Bundesinnenministeriums zielen wohl darauf ab, Abschiebungen zukünftig rascher und vor allem geräuschloser durchführen zu können, auch indem durch fehlenden Zugang zu unabhängigem Rechtsbeistand die sehr hohe Zahl der Klagen vor Verwaltungsgerichten reduziert wird. Diese verhelfen Flüchtlingen nachträglich häufig zu ihrem Recht.


Aus Sicherheitsgründen wäre dies in der DDR nicht möglich gewesen. Woher die Wohnungen nehmen? Bei dem Wohnungsproblem in der DDR hätte das den Unmut der Bevölkerung und eventuell Hass ausgelöst.


Im Aufnahmeheim Röntgental sind die abgelehnten Übersiedlungswilligen geräuschlos abgeschoben worden. Wie bereits oben gesagt, es gab keinen unabhängigen Rechtsbeistand und keinerlei Gerichte wo man gegen die Abschiebungen hätte klagen können.


Folie 10

Auch ohne Gerichte erhält aber schon über die Hälfte der Menschen einen Schutzstatus in Deutschland. Wenn sie die ersten Monate oder gar Jahre in Deutschland in einer Massenunterkunft ohne Integrationsmöglichkeiten verbringen, ist das kein guter Start für alle Beteiligten. Die Bundesländer, die den Plan schlussendlich in die Tat umsetzen müssten, sollten sich den Ankerzentren also im Interesse der Gesellschaft widersetzen, wenn es zur Abstimmung im Bundesrat kommt. Es braucht Integrationsmaßnahmen statt Kasernierung und eine flächendeckende, unabhängige Rechtsberatung statt millionenschwerer Rückkehrkampagnen.


Angaben zu den geplanten Ankerzentren:

Max Köckner

Pro Asyl

https://www.proasyl.de/hintergrund/warum-ankerzentren-eine-schlechte-idee-sind/

Für die Insassinnen und Insassen des Aufnahmeheims Röntgental war kein Schutzstatus vonnöten. Dort saß niemand jahrelang, da die Verfahren zügig vorangingen.                                    Wie die Integrationsmöglichkeiten in der DDR nach dem Aufenthalt im Aufnahmeheim Röntgental waren ist mir (P.R. Zeitzeugin des Aufnahmeheims Röntgental) unbekannt.                                       Aufgrund des Kalten Krieges war die Sicherheitslage prekär, so dass es keine Rechtsmittel geben konnte. Andererseits war der Willkür der Entscheidenden des Aufnahmeheims Röntgental Tür und Tor geöffnet. Sicherheitsunlogik war die Folge.


Angaben zum Aufnahmeheim Röntgental

Petra Reichel

(Zeitzeugin)

Power Point-Vortrag als PDF-Datei

Operation „Einflug“ Teil 2

Der Bericht vom 10.08.1988 fasst nochmal zusammen, dass dieser Mensch im „begründeten Einzelfall“ wieder in die DDR aufgenommen wurde die Staatsbürgerschaft der DDR erlangte. Siehe Teil 1

1
2
3
4
5
6

Zur besseren Lesbarkeit:

Das Dokument als PDF-Datei:

Die Punkte der Zielstellung der Operation „Einflug“ werden aufgezählt.

  • Vorbeugemaßnahmen im Zusammenhang mit gegnerischen Organisationen und Geheimdiensten.
  • Vorbeugende Sicherung bei der Wiedereingliederung im Arbeits-, Wohn- und Freizeitbereich
  • Überprüfung der Ehrlichkeit
  • Die politisch-ideologische Grundhaltung zur sozialistischen Entwicklung in der DDR und Integration im gesamtgesellschaftlichen Prozess – kurz: Gesinnungsschnüffelei
  • Prüfung der Möglichkeit ob diese Person was machen kann beim Zurückdrängen von Übersiedlungsersuchen von DDR-Bürgerinnen und Bürgern in die BRD.

Nun die Ergebnisse dieser Operation „Einflug“ (Wie im Agentenfilm, in der Wirklichkeit aber mit Alltagsmenschen)

Es wurde festgestellt, dass dieser Mensch nichts mit westlichen Geheimdiensten zu tun hatte und er nicht eingeschleust wurde.

Rückverbindungen in die BRD werden kurz erwähnt. Hier geht es wieder um finanzielle Angelegenheiten, wie bereits in Teil 1 ausgeführt worden ist.

Die Verbindungen dieses Menschen in der DDR waren auch in Ordnung.

Dann geht es um familiäre Zerwürfnisse und irgendwelche Freundinnen, die für das MfS interessant waren und ebenfalls „im begründeten Einzelfall“ wiederaufgenommen wurden.

Nun wird eine Person erwähnt, die mit ihm in Röntgental einsaß und zu der es keine weiteren Verbindungen gab, nachdem sie aus Röntgental entlassen wurde. (Hier muss ich als Zeitzeugin erklären, dass es verboten war Adressen auszutauschen. Man durfte sich nur mit dem Vornamen kennenlernen. P.R.)

Nun kommt ein Lob betreffs des Eingliederungsprozesses, welcher von IM kontrolliert wurde. Es wurde bestätigt, dass dieser Mensch ein braver Bürger war.

Nun folgt ein Abschnitt, wo dieser Mensch nochmals gelobt wird.

Ein Kontaktgespräch vom 27.10.1987 ist hier dokumentiert. Dieser brave Bürger wurde, für seine Mitwirkung beim Rückdrängungsprozess von Ausreiseanträgen seitens Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD ausgezeichnet und er bekam eine Geldprämie.  Dieser brave Bürger versicherte, dass er das Alles aus Überzeugung macht.

Nun, da festgestellt wurde, dass die Integration gelungen ist, wurde die Operation „Einflug“ im November 1987 eingestellt und zur Ablage gebracht. Nun gab es eine Nachkontrolle mit folgenden Zielen:

  • Vorbeugende Verhinderung feindlicher Angriffe, insbesondere durch Wiederherstellung von Rückverbindungen aus der BRD
  • Es wurde nochmals kontrolliert, ob es negativen Umgang gibt, bzw. ob ein solcher entstehen könnte.
  • Weitere Überprüfung der Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit im Einsatz beim Zurückdrängen der Ausreiseanträge von DDR-Bürgerinnen und –Bürgern in die BRD.

Das Ergebnis der Nachkontrolle zeigt, dass es sich keinesfalls um einen braven Bürger handelt. Er will beruflich hoch hinaus und stellte diesbezüglich Forderungen an das MfS.

Mit vielen Worten versucht er das zu begründen und von seiner Person abzulenken. Er droht sein Arbeitsverhältnis zu kündigen. Aber das war doch gleichzeitig sein Einsatzgebiet.

Am 22.03.1988 gab es ein Kontaktgespräch mit der Zielstellung ihn als Interviewpartner für die „Wochenpost“, die „Freiheit“ und die sowjetische Zeitung „Iswestja“ zu gewinnen. Er sollte über seine Erfahrungen im kapitalistischen System der BRD berichten.

Bei Gesprächsbeginn zeigte sich aber, dass er keine eindeutige Position bezog.  Er würde zwar nicht bereuen zurückgekehrt zu sein, lehnte es aber „aus persönlichen Gründen“ ab als Interviewpartner in der „Wochenpost“ und der „Freiheit“ zu erscheinen.

Auf Fragen zu seinen persönlichen Problemen zählte er eine Reihe Forderungen auf, welche er bereits in zurückliegenden Gesprächen gestellt hatte. Außerdem äußerte er, dass es ihm peinlich sei in Veröffentlichungen innerhalb der DDR als ehemaliger Strafgefangener bekannt zu werden. Dies würde seinem Ansehen schaden. Dieser Mensch wurde aufgefordert sich schriftlich dazu zu äußern und es wurde ihm eine objektive Prüfung zugesichert.

Die schriftliche Stellungnahme dieses Menschen vom 23.03.1988 enthielt die gleichen Forderungen, die er bereits zuvor im Betrieb gestellt hatte. Nach der Prüfung dieser von ihm gestellten Forderungen war ein klärendes Gespräch vorgesehen. Es sollte über die Aufrechterhaltung des Kontaktes zum MfS entschieden werden. Die Entscheidung der entsprechenden Stelle lag bei der Verfassung dieses Dokuments noch nicht vor.

Da sich nun herausgestellt hatte, dass dieser Mensch aus egoistischen Motiven Forderungen stellte, die in seinem Arbeitsbereich auf Unverständnis gestoßen sind, wurde eingeschätzt, dass weitere Einsätze dieses Menschen in der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Zurückdrängungsprozesses der Ausreiseanträge von DDR-Bürgerinnen und –Bürgern in die BRD nicht mehr zweckentsprechend waren.


Einschätzung der Zeitzeugin P.R.:

Dieser Mensch hat auf Zeit gespielt und das MfS genarrt.  Hätte er seine Forderungen von Anfang an gestellt, wäre er nicht aufgenommen worden und von Röntgental aus in die BRD zurückgeschickt worden.

Es gab so viele wirklich brave und willige Menschen, die sich nicht so gut ausdrücken konnten. Viele konnten nicht nachweisen, dass sie unverschuldet arbeitslos waren. Sie wurden mit der Begründung, dass sie „asozial“ seien abgelehnt und in die BRD abgeschoben. 

Auswertung des Dokuments:

Petra Reichel

Siehe Operation „Einflug“ Teil 1

Operation „Einflug“ Teil 1

Einleitung:

Die Auswertung dieses Dokuments und das Dokument selbst erinnern an einen Agentenfilm. Der Unterschied zum Film ist, dass es sich in der wahren Geschichte um Alltagsmenschen handelt.

1
2
3
4
5

Zur besseren Lesbarkeit:

Das Dokument als PDF-Datei:

Diesen Aufwand hätte man sich sparen können. Der hier vorgestellte Mensch war im „begründeten Einzelfall“ wieder aufgenommen worden. Wie wäre es gewesen, wenn es keine „begründeten Einzelfälle“, sondern es die Regel gewesen wäre Rückkehrwillige und  Einwanderungswillige  als Neu- oder Wieder-Bürgerinnen und –Bürger in der DDR aufzunehmen? Nach der notwendigen Sicherheitsüberprüfung versteht sich. Das hätte auch propagandistisch ausgeschlachtet werden können.

Die Politik hätte reagieren müssen, als immer mehr Bürgerinnen und Bürger der DDR Grund zur Unzufriedenheit hatten. Dies ist nicht geschehen. Man hatte es ausgesessen bis zum Sieg der Konterrevolution.

Das hätte mehr zur Zurückdrängung von Übersiedlungsersuchen in die BRD von Seiten der Bürgerinnen und Bürger der DDR beigetragen, als solche wahren Agentengeschichten.

Auswertung Dokument „Einflug“ vom 14.05.1986

Hier geht es um einen Rückkehrer in die DDR. Dieser saß, wie so Viele, im Aufnahmeheim Röntgental.

Zunächst wird berichtet, dass dieser Mensch eine Vielzahl von Aktivitäten unternahm, um wieder in die DDR zurückkehren zu können. Um die Ernsthaftigkeit dieser Absichten zu überprüfen, hatte das MfS  zwei IMs auf ihn angesetzt.

Das MfS stellte fest, dass dieser Mensch keine Forderungen stellen wird und bereit wäre dahingehend mitzuwirken, dass die Übersiedlungsersuchen von Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD zurückzudrängen.

Es folgte der Vorschlag zur Wiederaufnahme dieses Menschen in die DDR „im begründeten Einzelfall“. Neben entsprechenden Stellen des MfS war der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung in diesen Entscheidungsprozess eingebunden.

Es wurde ein Operativplan erarbeitet und ein IM ein- bzw. angesetzt.

Ein Informationsplan wurde erstellt und dann dem Aufnahmeheim Röntgental überstellt.

Nun wird wieder der „begründete Einzelfall“ erwähnt und nun geht es um die Wiedereingliederungsmaßnahmen am Arbeitsplatz. In diesem Fall ist es zu erklären, dass MfS-Angehörige hier die Arbeitsvermittler waren.

Nun die Bereitschaft dieses Menschen auch in den Medien dafür zu werben, dass die Bürgerinnen und Bürger der DDR davon Abstand nehmen sollen Ausreiseanträge in dien BRD zu stellen.

Es folgen Ausführungen zu:

  • Entlassung aus dem Aufnahmeheim Röntgental

  • Antrag auf Wiederaufnahme in die DDR-Staatsbürgerschaft

  • Unterkunft bei der Verlobten

  • Auto, das mitgebracht wird

  • DM-Betrag, der mitgebracht wird

  • Anmeldung bei Einwohnermeldeamt(Polizei) und dass er den Personalausweis erhält

Rückkehrfeier in der Wohnung von (Name geschwärzt), wozu dieser Mensch einen auf ihn angesetzten IM einlud.

Aus den Infos des IM ging hervor, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Probleme bei der Integration gab, die den Wiedereingliederungsprozess negativ beeinflussten. Einzelne Punkte aus dieser Info:

  • Dieser Mensch schätzte den Aufenthalt in Röntgental als gut ein.
  • Engere Kontakte zu den Mitinsassinnen und Mitinsassen wurden nicht geknüpft
  • Dieser Mensch war der Überzeugung, dass die Rückkehr in die DDR die richtige Entscheidung war und er wollte seine persönliche Entwicklung darauf ausrichten.
  • Im Aufnahmeheim wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass er den Umgang mit dem IM meiden sollte, was für ihn nicht in Betracht kam.
  • Dieser Mensch hatte betreffs seiner Wiedereingliederung am Arbeitsplatz eine positive Erwartungshaltung.
  • Nun geht es um das DM-Konto bei der Staatsbank der DDR. Er würde noch Geldbezüge aus der BRD erwarten. (Name geschwärzt) soll von seinem Geld in DM nichts wissen.  Dieser Mensch hatte vor 150,-DM beim IM schwarz zu tauschen.
  • Normalerweise wurde Schwarztausch in der DDR streng verfolgt und hatte Konsequenzen. Hier anscheinend nicht.

Am 06.05.1986 wurde dieser Mensch in dem Kombinat eingestellt, wo er dann arbeitete. Er fing direkt am 07.05.1986 an. Die Einstellung erfolgte über einen IM, genauer einem FIM.(IM die andere IM führten)

Im persönlichen Gespräch mit dem FIM erklärte dieser Mensch :

  • Seine Dankbarkeit wieder in die DDR zurückkehren zu dürfen und dass er sich für den Rückdrängungsprozess der Ausreiseanträge in BRD seitens derer, die in diesem Kombinat arbeiten einsetzt.
  • Er stellte weiterhin keine Forderungen
  • Er informierte detailliert über seine Wohnungstauschabsichten

Durch den Einsatz des FIM wurde das Arbeitskollektiv(Arbeitskollegen, Team, Arbeitsgruppe) auf die Wiedereingliederung vorbereitet. Es gab dabei keine Probleme.

Der FIM war von der Hauptabteilung Kader dieses Kombinats, also von der Personalabteilung. Da dieser diesen hier vorgestellten Menschen einstellte, war er der Personalchef. In der DDR nannte man diese Funktion Kaderleiter.  Folglich bestand da ein offizieller Kontakt.

Bei den Wechselbeziehungen Kollegenkreis und Personalchef ergab sich eine inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS.

Am 08.05.1986 nahm dieser Mensch zum Kontakt zu dem IM auf, um, wie vorgesehen, das Geld zu tauschen. Ahhh, hier hatte dieser Geldtausch einen Zweck. Dieser IM gab die Info weiter, dass der Wiedereingliederungsprozess am Arbeitsplatz problemlos verlief.

Der IM gab als weitere Info weiter, dass dieser Mensch an einer festen Verbindung mit ihm interessiert war.

Als Ergebnis dieses ganzen Procedere, das irgendwie an einen Agentenfilm erinnert, wurde eingeschätzt, dass die Operation „Einflug“  wohl gelungen war, denn der Wiedereingliederungsprozess verlief ohne Probleme.

Die Operation „Einflug“ wurde weitergeführt, je nach Notwendigkeit und Aktualisierung.

Wie die „Operation Einflug“ weiterging, siehe Teil 2

Auswertung des Dokuments:

Petra Reichel 

Kurzauswertung: Schreiben von Erich Mielke vom08.03.1985 zum Thema Röntgental

Folie 1

Kurzauswertung:
Schreiben von Erich Mielke  vom 08.03. 1985
zum Thema Röntgental

  • Vermehrte Rückkehrabsichten von ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern der DDR im Jahre 1985
 
  • Dilettantische Medien Kampagne  der DDR
 
  • Erich Mielke erläutert die Aufnahmebedingungen von Einwanderungs- und rückkehrwilligen Bürgern und Bürgerinnen der BRD und Westberlins in die DDR
Folie 2
  • Vermehrte Rückkehrabsichten nunmehriger Bürgerinnen und Bürger der BRD und Westberlins in die DDR im Jahre 1985
 
  • Medienkampagne der DDR durch Veröffentlichung von Namen und Wohnorten der nunmehrigen Bürgerinnen und Bürgern der BRD und Westberlins, die in die DDR zurückkehren möchten
 
  • Medienkampagne war dilettantisch, da nicht ordentlich recherchiert
  • Ein Fall aus Bad Kreuznach zeigt, dass sich Leute aus Heimweh z.B.  bei der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn meldeten, aber keine ernsthafte Rückkehrabsicht hatten
Folie 3

Die Veröffentlichung der Listen beinhaltete nicht:

  • Gestattung der Rückkehr der Betroffenen
  • Nur Auserwählte wurden aufgenommen
Folie 4

Also im Klartext:

Keine Chance

  • Sehr ungeschickt seitens der DDR

 

  • Hätte man die Propaganda nicht in anderer Richtung betreiben sollen?
 
  • Erst während der Konterrevolution versuchte es Erich Honecker verzweifelt mit  dem Spruch: „Man sollte ihnen keine Träne nachweinen.“ Da war es bereits zu spät.

 

  • Man hätte verbreiten müssen:
    • Dass man diese Leute nicht mehr braucht
    • Dass nur auserwählte Einwanderungswillige aufgenommen werden (So wie es  die klassischen Einwanderungsländer praktizieren)
Folie 5

Widersinn

  • Es wurden nur Auserwählte aufgenommen
 
  • Ausreiseanträge seitens Bürgerinnen und Bürger der DDR in die BRD und nach Westberlin sollten  zurückgedrängt werden
Folie 6

Überwachungsmaßnahmen von den Aufgenommenen sehr aufwändig und personalintensiv

 

Es drängt sich der Gedanke auf, dass das MfS nicht genug Personal und Kapazitäten hatte, um eine Masse von Eingewanderten und Zurückgekehrten zu überwachen.

Folie 7
  • Einerseits Kampagne mit Veröffentlichung der Listen von Rückkehrwilligen
  • Andererseits wurde befürchtet, dass Rückkehrwillige diese Kampagne ausnutzen, um den Staat(DDR) zu erpressen um ihre Rückkehrabsicht durchzusetzen
 
Folie 8

Sicherheitsmaßnahmen waren notwendig

  • Der Gegner konnte die Kampagne für seine Zwecke ausnutzen

Folie 9

Neu-Bürger/innen waren nicht in Massen erwünscht

  • Ausländerstopp um Fremdenfeindlichkeit zu vermeiden(Was ist das für eine Logik?)

  • Nur Ausnahmefälle hatten die Chance in der DDR ansässig zu werden

  • Es mussten untadelige Personen sein

 
Folie 10

Aufgenommene Neubürger/innen mussten eingegliedert werden

Herausforderung:

    • Versorgung mit Wohnraum
    • Vermittlung und Integration in Arbeit
    • Integration in der Freizeit
    • Integration im Wohnumfeld

 

  • Außerdem musste hinter jeder aufgenommen Person mehrere Überwacher stehen
  • Entsprechende Behörden waren mit Rückkehr- und Einwanderungswilligen überfordert
Folie 11

Kriterien Aufnahme und Ablehnung

Ausschnitt aus dem Schreiben von Erich Mielke vom 08.03.1985

 

Folie 12
  • Diese Vorgaben waren großzügig interpretiert worden
  • Arbeitslose waren grundsätzlich asozial 
  • Die Eigenschaft „Labilität“ wurde willkürlich den Betroffenen angehängt
  • Bereits kleinste Verfehlungen konnte Betroffene zu Kriminellen abstempeln
 
 
Folie 13

Endergebnis:

  • Leben wie in einer Käseglocke

  • Niemand raus und niemand rein

  • Das „frische Blut“ fehlte

Folie 14

Fazit

 
  • Die DDR, bzw. die sie vertretenden Personen und Institutionen waren überfordert

  • Sicherheitsmaßnahmen waren notwendig, hatten aber aufgrund der Überforderung einen Bumerang-Effekt

  • „kleine“ Einwanderungs- und Rückkehrwillige blieben „auf der Strecke“


Um die Texte auf den jeweiligen Folien besser lesbar zu machen, befinden sich diese als reiner Text nochmal unter der jeweiligen Folie. Interessierte haben somit die Möglichkeit den automatischen Übersetzer zu benutzen.

Power Point-Vortrag nochmal als PDF-Datei zum Download:

Schreiben von Erich Mielke vom 08.03.1985 zum Thema Röntgental

Im Jahre 1985 gab es vermehrt Rückkehrabsichten von ehemaligen Bürgerinnen und –Bürgern der DDR, die nun in der BRD und Westberlin lebten und folglich Bürgerinnen und Bürger Westberlins, bzw. der BRD geworden waren.

Es gab damals eine große Medienkampagne in der DDR. Namen und die Wohnorte in der BRD, bzw. Westberlin wurden in DDR-Zeitungen veröffentlicht. Diese Aktion sollte zeigen, dass die ehemaligen Bürgerinnen und Bürger der DDR im Westen nicht angetroffen hatten, was sie sich erhofften. Dies war eine dilettantische Aktion. Es wurde nicht mal genau recherchiert.

Es gab da einen Fall aus Bad Kreuznach. Es hatte sich herausgestellt, dass dieser Mensch kein Interesse an einer Rückkehr in die DDR hatte. Nur aus einem Anflug von Heimweh meldete er sich bei der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn. Doch bald war sein Ansinnen nicht mehr aktuell. Aber sein Name und der damals aktuelle Wohnort Bad Kreuznach standen auf der veröffentlichten Liste. So hat es vermutlich mehrere solcher Fälle geben. Mit dieser Aktion machte sich die DDR unglaubwürdig und die westliche Propaganda hatte wieder ein „gefundenes Fressen“.

Diese dilettantische Aktion der Veröffentlichung dieser Listen beinhaltete nicht die Rückkehr von ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern der DDR zu gestatten.

„Damit wird erneut die prinzipielle Gültigkeit der Sprecher-Erklärung des MfAA(Außenministerium der DDR, P.R.) vom 05. April 1984 unterstrichen, wonach den Bitten um Gestattung der Rückkehr in die DDR – so verständlich sie auch sind – grundsätzlich nicht entsprochen wird. Die Aufnahme und Wiedereingliederung ausgewählter Personen erfolgten nur in begründeten Einzelfällen.“

Also im Klartext – keine Chance. Damit wird der Widerspruch zwischen Propaganda und Wirklichkeit deutlich. Sehr ungeschickt seitens der DDR. Hätte man da die Propaganda nicht in anderer Richtung betreiben sollen?  Erst während der Konterrevolution versuchte es Erich Honecker verzweifelt mit dem Spruch: „Man sollte ihnen keine Träne nachweinen.“ Doch da war es bereits viel zu spät. Man hätte verbreiten müssen, dass man diese Leute nicht mehr braucht, dass nur auserwählte Einwanderungswillige aufgenommen werden, wie es z.B. damals wie heute die klassischen Einwanderungsländer praktizieren.

Dann ist wieder von der Mitwirkung bei der Zurückdrängung der Ausreiseanträge von Bürgerinnen und Bürgern der DDR in die BRD, bzw. Westberlin die Rede, wo die ausgewählten Menschen, die aufgenommen wurden, mitwirken sollten. Das Versäumnis der Politik, die das Ganze nur ausgesessen hatte, bis die Konterrevolution siegte, anstatt etwas gegen die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger der DDR zu tun, wird hier ausgeklammert. Bei der Operation „Einflug“ zeigt sich, dass ein immenser Aufwand betrieben wurde, der letztendlich nichts brachte. 

Da drängt sich der Gedanke auf, dass das MfS gar nicht genug Leute hatte um die Neu-Bürgerinnen und –Bürger zu überwachen und diesen Aufwand zu betreiben, falls man mehrheitlich die Rückkehr- und Einwanderungswilligen in die DDR aufgenommen hätte.

Nun folgt ein totaler Widersinn. Einerseits diese Kampagne, andererseits wurde befürchtet, dass Einwanderungs-bzw. Rückkehrwillige diese nutzen, um den Staat(DDR) zu erpressen um ihre Übersiedlung in die DDR durchzusetzen.

Was angebracht und notwendig war, waren Sicherheitsinteressen und entsprechende Maßnahmen. Schließlich konnte der Gegner diese Kampagne auch für seine Zwecke nutzen.

Mit vielen Worten wird erklärt, dass Neu-Bürger/innen und –Bürger nicht in Massen erwünscht waren.  Unter der Umschreibung „Reaktion der Bevölkerung“ kann sich die Befürchtung von Fremdenfeindlichkeit verbergen. Ausländerstopp um Ausländerfeindlichkeit zu vermeiden. Was für eine Logik. 

Entsprechendes Material wurde den zuständigen Institutionen zur Verfügung gestellt.

Nun kommt man auf die Ausnahmefälle zu sprechen, die das Glück hatten in der DDR aufgenommen zu werden.

Dann werden die Punkte aufgezählt, die bei den Einwanderungs- bzw. Rückkehrwilligen überprüft werden sollen.

  • das Persönlichkeitsbild und das Gesamtverhalten vor der Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR
  • die Reaktion und Haltung im beruflichen und familiären Umgangskreis auf die Aktivitäten zur Erreichung der Übersiedlung, die erfolgte Übersiedlung sowie das Verhalten danach
  • den Werdegang nach der Übersiedlung und die Nutzung der Rückverbindungen in die DDR
  • die aktuelle Situation und Verhaltensweisen
  • Motive, Gründe und Ernsthaftigkeit der Rückkehrabsichten

Nun ja, dass aus Sicherheitsgründen eine Überwachung erforderlich war, ist nachvollziehbar. Aber wenn es die kleinste Unstimmigkeit oder Verfehlung gab, was dann?

Nun geht es darum in welchem Zusammenhang die Informationen über die jeweiligen Betroffenen zu sehen sind.

So geht es um Versorgung mit Wohnraum und der Eingliederung in den Arbeitsprozess, die eventuell nicht den Erwartungen der Einwanderungs- und Rückkehrwilligen entsprachen. In der DDR war niemand obdachlos und Wohnungen waren billig, doch es herrschte Wohnungsmangel. Vielleicht befürchtete man Probleme und Unmut in der Bevölkerung, wenn viele Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären. In beruflicher Hinsicht wollten viele zu hoch hinaus und hatten unrealistische Erwartungen.

Dann ist wieder von der eventuellen Reaktion des Umfeldes, bzw. der Bevölkerung die Rede. Wieder die Umschreibung für die befürchtete Fremdenfeindlichkeit.  Im Klartext:  Ausländerfeindlichkeit mit Ausländerstopp bekämpfen. Was für eine Logik.

Dann folgen die Zwei wichtigsten Punkte. Wann Aufnahme? Wann Ablehnung?

Bei Punkt 1 geht es um die Aufnahmechancen aus humanitären Gründen, bzw. familiären Gründen.

Bei Punkt 2 ist das A und O, um das sich Alles drehte. Die Ablehnungsgründe.

Hatte Erich Mielke dieses Schreiben tatsächlich selbst verfasst oder nur unterschrieben? Als alter Kämpfer musste er doch die Unwegsamkeiten des Lebens und Arbeitslosigkeit kennen.  Es besteht viel Interpretationsspielraum für die nachgeordneten und ausführenden Institutionen, sowie für die Entscheidungsträger.

  • Wer war kriminell Leute, die eine Gefahr für die Gesellschaft sind? Organisierte Kriminelle? Oder schlicht, wer mal aus Dummheit eine Verfehlung begangen hat, wie z.B. Ladendiebstahl, eine Schlägerei oder in schlechte Kreise Geratene? Da sich letztere am wenigsten artikulieren und wehren konnten, hatten sie von vornherein keine Chance.
  • Wer waren Arbeitsscheue und Asoziale? Ein Ablehnungsgrund, von dem reichlicher Gebrauch gemacht wurde.  Aus DDR-Sicht waren es tatsächlich unwillige Menschen, bei denen „Hopfen und Malz verloren“ war. Sie machten nur Ärger. Aber in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung kann man diese Leute nicht von den unverschuldet arbeitslos gewordenen unterscheiden. Insbesondere, wenn die Betroffenen in der Probezeit, bzw. dem 1. Halben Jahr, bevor das Kündigungsschutzgesetz der BRD, bzw. Westberlins gegriffen hat, ihren Arbeitsplatz verloren haben. Sie konnten nicht nachweisen, dass sie unverschuldet arbeitslos geworden sind. So wurden sie in Röntgental als „asozial“ und „arbeitsscheu“ gebrandmarkt. Sie hatten keine Chance in die DDR aufgenommen zu werden.
  • Was waren labile Personen? Psychisch nicht Belastbare? Menschen die durch die Bedingungen und die schwarze Psychologie des Aufnahmeheims psychisch krank wurden, hatten keinerlei Chance in die DDR aufgenommen zu werden. Gelegentlich wurde mit der Gabe von Psychopharmaka manipuliert. Dies wurde nicht aktenkundig gemacht. Wer kann das nachweisen? Niemand. Und die Betroffenen wurden ohnehin als „plem plem“ hingestellt und ihnen ihre Glaubwürdigkeit genommen.

Das Personal in Röntgental und anderer Institutionen, die mit den Einwanderungs- und Rückkehrwilligen aus der BRD und Westberlin zu tun hatten, war überfordert und nicht geschult, was z.B. die Arbeitswelt in der BRD und Westberlin betraf. Die falsche Psychologie tat ihr übriges. Es bestand die Gefahr, dass die Zurückgewiesenen sich nach ihrer Abschiebung bei den falschen Leuten ausheulten. So konnten sie in die Hände des Gegners geraten, bzw. dieser konnte die Verzweiflung dieser Leute für sich ausnutzen.  Ein Bumerang-Effekt sozusagen. Bei allen Sicherheitsmaßnahmen hatte man diesen Aspekt wohl nicht bedacht.

Provokateure sind die einzige in diesem Abschnitt genannte Personengruppe, bei der es von vornherein gerechtfertigt war diese abzulehnen.

Dann werden nochmals Punkte aufgezählt, was dann mit denen geschehen soll, die das Glück hatten aufgenommen zu werden, bzw. wie die Überwachung aussehen soll. Wie bereits erwähnt, war das aufwändig und personalintensiv. Womöglich hatte das MfS nicht genug Kapazitäten, um diese Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, falls mehr Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären.

Dann wieder der Widersinn, dass die Aufgenommen mitwirken sollten, dass Bürgerinnen und Bürger der DDR davon Abstand nehmen sollen einen Ausreiseantrag in die BRD, bzw. Westberlin zustellen. Andererseits wieder sollen Übersiedlungsabsichten von Bürgerinnen und Bürgern der BRD und Westberlins zurückgedrängt werden. Ein Leben unter der Käseglocke, niemand raus und niemand rein. Auch wenn es aus Sicherheitsgründen notwendig war, das konnte es auf die Dauer nicht gut gehen. Es fehlte das „frische Blut“. Wenn mehr Einwanderungs- und Rückkehrwillige aufgenommen worden wären, hätte es 1989 wohl etwas anders ausgesehen.

Der Punkt, dass Überwachungsmaßnahmen in die Richtung gingen, dass sich keine feindlichen Agenten u. andere für den Gegner Tätige einschlichen, war berechtigt. Doch wer es gewollt hatte, hätte sich einschleichen können. Man kann sich vorstellen, dass der Gegner diese Leute geschult und psychologisch gestählt hätte, um gut zu reden, damit sie die Verhörtricks umgehen und die „Psychomühle“ erfolgreich bewältigen konnten. So wären sie aufgenommen worden und hätten ihr Unwesen treiben können. Die Überwachung hätten sie auch austricksen können, soweit es sich um Profis gehandelt hätte. Das MfS war so sehr mit den Profis beschäftigt, dass keine Zeit für die „Normalbürgerinnen“ und „Normalbürger“ war. Das hatte man bei all den Sicherheitsmaßnahmen wohl nicht bedacht.

Am Schluss nochmal Bemerkungen zur Abstimmung der örtlichen Institutionen mit dem MfS.

Fazit: Die „kleinen“ Einwanderungs- und Rückkehrwilligen blieben „auf der Strecke“.

Siehe auch die Kurzauswertung dieses Schreibens als Power Point-Vortrag.

Schreiben von Erich Mielke als PDF-Datei zum Download

Historischer SPIEGEL-Artikel von 1981

Bild entnommen von DER SPIEGEL-Backstage

Kommentar zum historischen SPIEGEL-Artikel

Das historische Original ist zwischenzeitlich verschwunden, ist aber noch in den Beständen der Seitenerstellerin. Siehe anschließende Bild- und PDF-Dateien.

DER SPIEGEL-Artikel enthält sachliche Fehler. Einiges wurde hinzugedichtet. Das ist keine Hilfe für die desorientierten oder sogar traumatisierten in die BRD Abgeschobenen. 

Zur Anrede des Personals: „Herr Sachbearbeiter“ ist richtig. „Frau Kultur“ ist falsch. Sie wurden mit „Frau..“ und ihrem Vornamen angeredet.  Mit Hausmeistern, Heizern usw. hatten die Heiminsassen nichts zu tun.

Zur beschrieben besseren Behandlung Übersiedlungswilliger aus anderen kapitalistischen Ländern, die woanders untergebracht waren, kann ich nichts sagen. 

Die hier beschriebene Eskorte, waren Polizisten in Zivil, welche die Übersiedlungswilligen von den Grenzübergangsstellen abholten und nach Röntgental brachten. In meinem Fall war der Empfang an der Grenze sehr freundlich. Auch die Begleitbeamten waren sehr freundlich. Man musste nicht ans Tor hämmern, wie hier beschrieben, sondern wurde hineingefahren. Vom Auto wurde man in eine Art Empfangsraum begleitet. Die freundlichen Begleitbeamten fuhren davon, als die Beamten des Aufnahmeheims mich in Empfang genommen hatten. Der Empfang war erst recht kühl. Doch der Beamte der meinen Übersiedlungsantrag aufgenommen hatte, war sehr freundlich und half beim Formulieren. 

Die Quarantäne war damals in dem Gebäude untergebracht, wo die Kriminalbeamten ihre Büros und Verhörräume hatten. Das war nicht das hier beschriebene Massenquartier. Die Quarantäne-Räumlichkeiten waren freundlich eingerichtet. Am ersten Tag gab es eine allgemeine Sicherheitsüberprüfung und eine erkennungsdienstliche Behandlung (Fingerabdrücke und Polizeifoto) Das erfolgte noch in freundlicher Atmosphäre. Das änderte sich erst am nächsten Tag, als ich aus der Quarantäne ins eigentliche Heim kam. 

Die Enge und die eingeschränkte Fortbewegungsmöglichkeiten sind Fakt. Ich bekam davon Platzangst.

„Empfangswillige Damen“, wo die Männer hin gingen ist vollkommener Unsinn. Erstunken und erlogen. Man konnte nachts nicht raus. Die Nachtwachen waren zum Schutz der Heiminsassen da. 

Dass da einer, wie hier beschrieben, die Zimmereinrichtung zu Kleinholz schlägt, kann ich nachvollziehen. Na, logisch, da folgte sofort die Abschiebung in die BRD.

Petra Reichel

 

Zur besseren Lesbarkeit:

Der historische SPIEGEL-Artikel als PDF-Datei:

Gastbeitrag von Günter Recknagel

Günter Recknagel war ein Behördenvertreter in der DDR

Obwohl ich bei einer Abteilung Inneres in der DDR tätig war, kann ich über das spezielle Thema keine näheren Äußerungen machen. Dazu können sich nur die damit befassten ehemaligen Mitarbeiter äußern, die sich aber aus guten Gründen offensichtlich abgeduckt haben.   Ich weiß nur, dass diese Heime in erster Linie unter der Verantwortung des MdI standen. Für die operative Kontrolle des MdI war die HAV II des MfS verantwortlich und jedes Organ hatte seine eigenen Dienstanweisungen. Eines ist mir klar, es ging in erster Linie um das Erkennen bzw. um die Erarbeitung erster Hinweise zur Bearbeitung von Spionen der westlichen Geheimdienste. Dafür war aber wiederum die HA II verantwortlich. Nur die Bearbeitung von Beweisen für eine Spionagetätigkeit konnte nur möglich sein, wenn diese Menschen anschließend in der DDR leben konnten. Der psychische Druck in diesen Heimen ist mir eigentlich unverständlich außer dem eventuell entstehenden Lagerkoller. Im Gegenteil, eine offene und freundliche Atmosphäre wäre eigentlich dem operativen Ziel mehr entgegengekommen. Man muss sich ja vorstellen, unter welchem psychischen Druck diese Menschen schon dort ankamen. Dann noch mehr Druck aufzubauen, war meines Erachtens unmenschlich. Es wäre besser gewesen, Gelegenheit zum Druck ablassen zu geben.   Die Zustände dort waren, so wie sie beschrieben werden und Dir glaube ich unbesehen, unwürdig und entsprachen nicht der offiziellen Politik der DDR. Man hätte mit mehr Gefühl für die Probleme dieser Menschen viel mehr Gutes für unseren Staat durchsetzen können.      

Und das geht nur, indem man Vertrauen aufbaut.  Ich kenne die Dienstanweisungen nicht, nach denen dort gearbeitet wurde, kann mir aber vorstellen, dass die Verantwortlichen ständig dagegen verstoßen haben und diesbezüglich nicht streng kontrolliert wurden.

Günter Recknagel

Aufnahmeverfahren vor 1961

Gastbeitrag von Clemens Külberg

Das Aufnahmeverfahren in einem DDR- Übersiedlungslager dauerte vor 1961 damals im Schnitt 6 Wochen.
Meine Angaben beziehen sich auf das Frühjahr 1961.In dieser Zeit wurden die behördlichen Überprüfungen akribisch vorgenommen.
Da dieses Barackenlager, von dem ich hier schreibe, gerammelt voll war bzw. aus Nähten platzte, zog man die männlichen Übersiedler zu NAW-Arbeiten zur Erweiterung des Objektes heran (Barackenbau).So hatten nach Beendigung der Einbürgerungsprozedur schon manche 50 und mehr NAW-Stunden abgerissen.
Es gab ausreichend medizinische Versorgung, normales und ausreichendes Kantinenessen und eine umfangreiche kulturelle Betreuung (kostenlos).
Hierbei gab es auch politische Veranstaltungen und Vorträge zum Leben in der DDR. Diese waren freiwillig .Auch eine Busfahrt durch Ostberlin wurde organisiert.
Die Barackenzimmer waren mit Doppelstockbetten, Spind und Tisch/Sitzmöglichkeiten versehen.(Design NVA)
Unter den Übersiedlern waren zahlreiche Familien mit Kindern, Einzelpersonen, BW-Angehörige, Fremdenlegionäre und auch politische Flüchtlinge aus Luxemburg z.b.
Einige Antragsteller wurden abgelehnt und mussten wieder zurück.
Befragungen wurden im Lager direkt durchgeführt, in Ausnahmefällen wurde man auch zu den Dienststellen außerhalb vorgeladen.
Sehr viel Aufmerksamkeit wurde dem Lebensweg der Antragsteller in den Jahren 1933/45 und danach gewidmet.
Das waren oft die Fragen, die das Procedere der Einbürgerung verlängerten.

Diese Auskünfte beziehen sich auf das Übersiedlungslager Blankenfelde/ Berlin. 

Bis 1961 wechselten ca.20-50 000 Personen jährlich von West nach Ost.