Gastbeitrag von Günter Recknagel

Günter Recknagel war ein Behördenvertreter in der DDR

Obwohl ich bei einer Abteilung Inneres in der DDR tätig war, kann ich über das spezielle Thema keine näheren Äußerungen machen. Dazu können sich nur die damit befassten ehemaligen Mitarbeiter äußern, die sich aber aus guten Gründen offensichtlich abgeduckt haben.   Ich weiß nur, dass diese Heime in erster Linie unter der Verantwortung des MdI standen. Für die operative Kontrolle des MdI war die HAV II des MfS verantwortlich und jedes Organ hatte seine eigenen Dienstanweisungen. Eines ist mir klar, es ging in erster Linie um das Erkennen bzw. um die Erarbeitung erster Hinweise zur Bearbeitung von Spionen der westlichen Geheimdienste. Dafür war aber wiederum die HA II verantwortlich. Nur die Bearbeitung von Beweisen für eine Spionagetätigkeit konnte nur möglich sein, wenn diese Menschen anschließend in der DDR leben konnten. Der psychische Druck in diesen Heimen ist mir eigentlich unverständlich außer dem eventuell entstehenden Lagerkoller. Im Gegenteil, eine offene und freundliche Atmosphäre wäre eigentlich dem operativen Ziel mehr entgegengekommen. Man muss sich ja vorstellen, unter welchem psychischen Druck diese Menschen schon dort ankamen. Dann noch mehr Druck aufzubauen, war meines Erachtens unmenschlich. Es wäre besser gewesen, Gelegenheit zum Druck ablassen zu geben.   Die Zustände dort waren, so wie sie beschrieben werden und Dir glaube ich unbesehen, unwürdig und entsprachen nicht der offiziellen Politik der DDR. Man hätte mit mehr Gefühl für die Probleme dieser Menschen viel mehr Gutes für unseren Staat durchsetzen können.      

Und das geht nur, indem man Vertrauen aufbaut.  Ich kenne die Dienstanweisungen nicht, nach denen dort gearbeitet wurde, kann mir aber vorstellen, dass die Verantwortlichen ständig dagegen verstoßen haben und diesbezüglich nicht streng kontrolliert wurden.

Günter Recknagel

Aufnahmeverfahren vor 1961

Gastbeitrag von Clemens Külberg

Das Aufnahmeverfahren in einem DDR- Übersiedlungslager dauerte vor 1961 damals im Schnitt 6 Wochen.
Meine Angaben beziehen sich auf das Frühjahr 1961.In dieser Zeit wurden die behördlichen Überprüfungen akribisch vorgenommen.
Da dieses Barackenlager, von dem ich hier schreibe, gerammelt voll war bzw. aus Nähten platzte, zog man die männlichen Übersiedler zu NAW-Arbeiten zur Erweiterung des Objektes heran (Barackenbau).So hatten nach Beendigung der Einbürgerungsprozedur schon manche 50 und mehr NAW-Stunden abgerissen.
Es gab ausreichend medizinische Versorgung, normales und ausreichendes Kantinenessen und eine umfangreiche kulturelle Betreuung (kostenlos).
Hierbei gab es auch politische Veranstaltungen und Vorträge zum Leben in der DDR. Diese waren freiwillig .Auch eine Busfahrt durch Ostberlin wurde organisiert.
Die Barackenzimmer waren mit Doppelstockbetten, Spind und Tisch/Sitzmöglichkeiten versehen.(Design NVA)
Unter den Übersiedlern waren zahlreiche Familien mit Kindern, Einzelpersonen, BW-Angehörige, Fremdenlegionäre und auch politische Flüchtlinge aus Luxemburg z.b.
Einige Antragsteller wurden abgelehnt und mussten wieder zurück.
Befragungen wurden im Lager direkt durchgeführt, in Ausnahmefällen wurde man auch zu den Dienststellen außerhalb vorgeladen.
Sehr viel Aufmerksamkeit wurde dem Lebensweg der Antragsteller in den Jahren 1933/45 und danach gewidmet.
Das waren oft die Fragen, die das Procedere der Einbürgerung verlängerten.

Diese Auskünfte beziehen sich auf das Übersiedlungslager Blankenfelde/ Berlin. 

Bis 1961 wechselten ca.20-50 000 Personen jährlich von West nach Ost.